Ultimate Substance (Kirschner/Panos, 2012)
35min, HD video
Ultimate Substance setzt sich in assoziativer Bezugnahme auf Archäologie, Ökonomie, Philosophie, Mathematik und Drama mit der Hypothese auseinander, dass die Einführung des Münzgeldes im antiken Griechenland einen tiefgehenden Erkenntniswandel mit sich brachte, der bis in die heutige Gegenwart hineinreicht.
„Mit der neuen Verbreitung (geprägten) Geldes schien es, als hinge soziale Macht nicht so sehr vom Menschen ab, als vielmehr vom Geld. Zum ersten Mal in der Geschichte konnte systematische Macht als etwas Unpersönliches erscheinen“, beschreibt Richard Seaford (Professor an der klassischen Fakultät der Exeter Universität) die mit der Einführung des Münzgeldes in Gang gesetzten Prozesse.
Dem Schritt in die „monetäre Abstraktion“ folgten weitere „Modi des abstrakten Denkens“ wie etwa die „reine Arithmetik, reine Geometrie und die abstrakten Regeln des Denkens“; in der Vorsokratischen Philosophie wurde über eine allem Seienden zugrunde liegende abstrakte Substanz spekuliert; während sich die antike Tragödie von früheren dramatischen Formen durch die Entfremdung und Isolation des tragischen Individuums abzeichnete.
Gefilmt wurde Ultimate Substance in Athen und in Lavreotiki, einem 60 km entfernten Berbaugebiet. Das dort mit Sklavenarbeit gefördete Silber schuf die materielle Basis für die Währung und den Reichtum des klassischen Athener Stadtstaats. Im Unterschied zur Akropolis als vertrautem Symbol der Antike, könnten die riesigen unterirdischen Bergbauanlagen als dessen Kehrseite verstanden werden. In der Römerzeit stillgelegt, wurden die Minen im 19. Jahrhundert wiederentdeckt und machten Lavrio zur ersten Industristadt des modernen griechischen Staates. In den 1970er Jahren wurde die Bergbauindustie erneut eingestellt, heute beherbegen die stillgelegten Fabrikanlagen ein pädagogisches Museum für Kinder und Jugendliche.
Dokumentarische Aufnahmen und industrielle Landschaftsbilder werden in Ultimate Substance mit heterogenen Fragmenten montiert, die auf die Entwicklung von Produktion, Mathematik und Drama im antiken Griechenland verweisen. Dabei verzichten die Künstler auf erklärende Dialoge oder plakative Eindeutigkeiten und setzten stattdessen auf eine starke Inszenierung und Konfrontation von historischem und zeitgenössischem Material.
Wie bereits in ihren früheren Arbeiten, etwa The Last Days of Jack Sheppard (2009) oder The Empty Plan (2010), beschäftigen sich Anja Kirschner und David Panos in Ultimate Substance nicht mit der Rekonstruktion von Geschichte, sondern vielmehr ihrer „Aktualisierung“ im Sinne Walter Benjamins: „Wir wollen nicht direkt das Zeitgeschehen darstellen, sondern eine langfristige historische Perspektive auf die Gegenwart öffnen, die denkbar andere Ausgänge nicht verlohren gibt.“
Gefördert wurde Ultimate Substance von der Secession (AT), Extra City Kunsthal Antwerpen (BE), Liverpool Biennial und FACT (UK) mit Unterstützung von Neuer Berliner Kunstverein (DE), CentrePasquArt Biel (CH), NEON (GR) und Arts Council England
An Exchange for Fire
Kirschner / Panos, 2013, 13min, HD video
„Sacrifice“, „Noncitizens“, „Responsibility“, „Help“ und „Debt“ lauten die Titel der fünf kurzen Episoden der im Folgejahr auf „Ultimate Substance“ (2012) für den britischen Fernsehsender Channel 4 entstandene Mini-Serie An Exchange for Fire.
Jede Episode umspannt Momente aus der Geschichte des Geldes, der Entstehung des modernen Finanzstaates und dem alltäglichen Leben unter kapitalistischer ‚Umstrukturierung‘.
Digital manipulierte Bildfraggmente und Momentaufnahmen aus dem heutigen Griechenland werden von Texten von Clinical Wasteman begleitet, die die gängigen Schlagworte der sogenannten Wirtschaftskrise kritisch neu definieren und auf historische und globale Bezüge verweisen.
An Exchange for Fire entstand im Auftrag von Channel 4 / Random Acts.
Anja Kirschner (geboren 1977 in München) und David Panos (geboren 1971 in Athen) leben und arbeiten in London und Athen.
In 2011 wurden sie mit dem renommierten Jarman Award für Film-und Videokunst ausgezeichnet und ihre Arbeiten werden regelmässig und ihre Arbeiten werden regelmässig international ausgestellt, darunter bei: Neuer Berliner Kunstverein (Berlin), Kölnischer Kunstverein (Köln), Artists Space (New York), Secession (Vienna), Extra City (Antwerpen), Palais de Tokyo (Paris), Kunsthall Oslo (Oslo), Staatsgalerie Stuttgart (Stuttgart), Beirut (Cairo), HMKV (Dortmund), castillo/corrales (Paris), Tramway, Transmission Gallery, Centre for Contemporary Arts Centre (all Glasgow), Chisenhale Gallery, The Institute of Contemporary Arts, Hayward Gallery, Lisson Gallery (all London), the 2009 and 2013 Athens Biennale, the 2012 Liverpool Biennial and the British Art Show 2010/11.
Anja Kirschner und David Panos werden von der Londoner Hollybush Gardens, London, vertreten und ihre Filme werden durch LUX, London, vertrieben.
Ultimate Substance (Kirschner/Panos, 2012)
An Exchange for Fire (Kirschner/Panos, 2013)