Das dritte Programm KULTURELLE ÖKOLOGIEN der HGB-Fachklasse Expanded Cinema beschäftigt sich mit künstlerischer Forschung und Interventionen in die Natur kultureller Praktiken, in Sprache und Warentausch. Die Künstler*innen lenken dabei ihren Blick in die Ukraine, nach Japan, Nigeria und Bulgarien. (Gesamtdauer: 41 min)
I PUT A SPELL ON YOU (EPISODE 2)
BGR / BRD 2020, Daniela Takeva & Nikolina Nedialkova, Video-Performance / Web-Serie, 8 min, OV (Englisch & Bulgarisch)
I PUT A SPELL ON YOU ist eine digitale Video-Performance und Web-Serie (2020) der Künstlerinnen Nikolina Nedialkova und Daniela Takeva. In vier Folgen wird die Rückgewinnung weiblicher Macht in der Identität der Hexe und feministischen Künstlerin verhandelt. Beide beschwören und kontern eine gewundene Geschichte der Frauenfeindlichkeit und sind ein Symbol für die Überwindung der Frauenunterdrückung. Der performativ-spekulative Ausgang des Geschehens ehrt die Hexe als feministische Ikone, bezieht sich dabei aber spezifisch auf die bulgarische Mystik. Durch ein Voice-Over geleitet, entfaltet sich zunächst eine spekulative Betrachtung der historischen Hexen-Figur, welche in okkulte Handlungen aus der bulgarischen Alltagskultur gleitet, um am Ende mit einer futuristischen Fiktion die Behauptung aufzustellen, dass Künstlerinnen die modernen Hexen des 21. Jahrhundert seien. Gedreht wurde in den bulgarischen Bergen und im Internet. Durch die Online-Bereitstellung der Serie wird versucht, den Zugang zu digitaler Kunst zu demokratisieren und von der Institution zu befreien. „In einer vergangenen Welt war Magie Teil einer akzeptierten und dynamischen Realität und in die Kultur und Mentalität aller integriert.“ Diese Ausgangslage nimmt Episode 2 „A deed without a name“ zum Anlass, um die Veränderung der westlichen Welt durch die Säkularisierung, Erkenntnistheorie der Aufklärung und nicht zuletzt des Kapitalismus zu hinterfragen.
HOW TO MEASURE THE QUALITY OF LIFE AFTER A REVOLUTION | (O.5)
BRD / NGA 2018, Jonas Roßmeißl, Videoarbeit, 2 min, OmeU (Englisch mit englischen Untertiteln)
Die neue globale Gig-Ökonomie verspricht in ihrer digitalen Natur eine „Revolution“ der Arbeitsbedingungen, hin zu selbstbestimmten und egalitären Strukturen, als emanzipatorischer Weg der Arbeiter*innen. Inwieweit kann sich dieses Versprechen unter den Vorzeichen des Kapitals einlösen? Negiert sich darin die fortschreitende strukturelle Reproduktion globaler ökonomischer Hegemonie und bricht mit ihrer kolonialen Genese? Entlang dieser Fragestellungen untersucht die Videoarbeit HOW TO MEASURE THE QUALITY OF LIFE AFTER A REVOLUTION | (O.5) mit der streitbaren Methode der Mimesis diese neuen Produktionsmittel einer global vernetzten Wohltätigkeits- und Unterhaltungsindustrie. [Das Video wurde in einem Raum zwischen Lagos (Nigeria)und Leipzig (Deutschland) produziert. Alle Protagonist*innen sind mit der Darstellung ihrer Person einverstanden.]
KIEWER ZUNGE: WERHOVNA RADA
BRD / UKR 2019, Andrėja Šaltytė, Videoarbeit, 9 min, OmU (Ukrainisch mit deutschen Untertiteln)
Nach den Bürger*innenprotesten auf dem Maidan im Jahr 2014 ist die Sprache in der Ukraine besonders schuldig geworden. Der Klang deiner Sprache ist nun dein Gesicht. Der sich im Mittelpunkt der politischen Landschaft befindende russisch-ukrainische Konflikt wird auf die Sprache übergelagert. Eine Sitzung des Ukrainischen Parlaments im Mai 2019 zu dem Sprachgesetzentwurf 5670d „Über die Funktion der ukrainischen Sprache als Amtssprache“ ist der Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit der Sprache für den Film KIEWER ZUNGE. DU SPRICHST, DOCH DIE SPRACHE GEHÖRT DIR NICHT.
MORI
BRD / TWN 2021, Yu Hsin Su, dreikanalige Videoinstallation, 22 min, OmeU (Englisch & Japanisch mit englischen Untertiteln)
Taiwan National Culture and Arts Foundation Visual Arts Production Grant 2018
MORI untersucht die Beziehung von affektgeladenen Orten und ihrer Ökologie in der Präfektur Yamaguchi, Japan. Die Titel der drei Kapitel „守 (schützen), 森 (Wald), 杜 (Geist)“ sind unterschiedlich in Form und Bedeutung, werden aber alle als „Mori“ auf Japanisch ausgesprochen. Entlang der Handlungen an einer Karsthöhle mit Grundwasser, Böden, Dorfbewohner*innen, dem „Ritual des brennenden Berges“, Wissenschaftler*innen, Buyō-Tänzer*innen, majestätische Eichenbäumen und Wäldern, hinterfragt die Arbeit die Art und Weise der Betrachtung von Natur durch Rituale und Folklore, und wie solche Landschaften historisch konstruiert wurden. Dan Grahams Installation „Two-way Mirror Triangular Pavillon mit Shoji Screen“ dient als Konzeptmodell, an der sich die ganze Arbeit spiegelt. MORI ist auch eine Landschaft als Prozess und innerer Mechanismus, der durch unseren losgelösten Blick definiert wird und sich durch Körper und Geist definiert. Es ist ein Panorama, das sich ständig verändert, wenn wir uns in der Geschichte weiterbewegen.