Im Jahr 1931 brachte der sogenannte Yokinen-Prozess, den die Kommunistische Partei der USA in Harlem, New York organisierte, den Finnen August Jokinen ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Jokinen, Hausmeister im Finnischen Arbeiterclub, wurde vorgeworfen, drei afroamerikanische Kommunisten während eines vom Club ausgerichteten Tanzabends nicht vor rassistischen Anfeindungen verteidigt zu haben. Nach seinem Schuldeingeständnis wandelte sich Jokinen zu einem Vorkämpfer für Bürgerrechte und trat in dieser Funktion öffentlich auf, bis er wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei verhaftet und nach Finnland ausgewiesen wurde. Laura Horelli erzählt Jokinens Migrationsgeschichte in einer Mischung aus historischer Recherche, Detektivgeschichte und Bastelstunde. Sie arrangiert ihre Archivfunde – Zeitungsartikel, Bücher, Fotos – auf einer Tischplatte, positioniert sie zueinander, unterstreicht, schneidet aus, deckt ab und malt aus. Die so entstehende ,analoge Desktop-Doku‘ folgt August Jokinens öffentlicher Erzählung bis in die Gegenwart – zu einer Mailboxnachricht auf einem russischen Mobiltelefon.
(Text: Berlinale Forum Expanded, 47. Berlinale Forum 2017)
Laura Horelli, geboren 1976 in Helsinki, Finnland, lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Academy of Fine Arts Helsinki, Department of Time and Space, MA (2001) sowie an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule, Frankfurt am Main als Meisterschülerin von Thomas Bayrle (2002). Ihre Videoarbeiten wurden in zahlreiche Sammlungen, wie der Finnish National Gallery, Helsinki; dem Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein aufgenommen und in Biennalen und Kunstinstitutionen, wie dem Badischen Kunstverein, der Berlinische Galerie; der Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig und bei der 53. Venedig Biennale ausgestellt. 2011 vergab der Berliner Senat Horelli den Hannah-Höch-Förderpreis; 2012 erhielt sie ein fünfjähriges Künstlerstipendium des finnischen Staates. In der Verknüpfung von subjektiven Erfahrungen aus dem Alltag mit medialen, zeitgeschichtlichen, politischen und sozialen Diskursen bewegt sich ihre Arbeit zwischen Dokumentarisch/Repräsentativem und Privatem.
Das Screening findet in Kooperation mit dem Kunstraum D21 im Rahmen der Ausstellung Material Recht – CODEX statt. Kuratiert von Lena Brüggemann, Lena von Geyso und Elisabeth Pichler .
Laura Horelli "Jokinen" (Finnland 2016, 45‘)
Laura Horelli "Jokinen" (Finnland 2016, 45‘)